PPR-NEWS

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KW 47/2024

Märchen als politische Metaphern

Gesellschaftliche Strukturen und Kritik im Gewand

Märchen sind mehr als nur unterhaltsame Erzählungen. Sie spiegeln oft die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse ihrer Zeit wider. Die Brüder Grimm sammelten ihre Märchen in einer Epoche, die von sozialen und historischen Umbrüchen geprägt war. Konkrete zeithistorische Einflüsse stellen das Ende des Heiligen Römischen Reiches und die Napoleonischen Kriege dar. Viele ihrer Geschichten enthalten versteckte Metaphern, die auf soziale Ungleichheiten, Machtverhältnisse oder moralische Konflikte mit einer romantischen Vorstellung von nationaler Einheit hinweisen. Zum Beispiel thematisiert Aschenputtel die Klassentrennung und das Streben nach sozialem Aufstieg, während Rotkäppchen häufig als Warnung vor unbekannten Gefahren interpretiert wird. Letzteres kann mit Bezug auf den historischen Kontext als Parallele zur gesellschaftlichen Überwachung gelesen werden. Die Märchen symbolisieren für die Grimms aber auch das Ideal von Gemeinschaft, das auf Vertrauen, Treue und Liebe basiert. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat durch das Expertenkomitee am 9. Dezember 2016 das Märchenerzählen als „Immaterielles Kulturerbe“ in das „Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen, denn Märchen gelten als Medium, um Werte zu vermitteln und kollektive Identität zu stärken. Märchen verwenden einfache Sprache und starke Bilder, die für alle verständlich sind. Fachlich betrachtet sind Märchen ein Paradebeispiel für Narrative Frames, eine sprachliche Struktur, die es ermöglicht, komplexe gesellschaftliche Zustände in vereinfachter, symbolischer Form darzustellen.

Kommunikation und politische Deutung in der Gegenwart

In der Politik werden oft Märchenelemente verwendet. Ihre einfachen, oft archetypischen Figuren und Handlungen machen sie zugänglich für eine breite Bevölkerungsschicht und bieten eine Plattform für symbolische Auseinandersetzungen. Heute nutzen politische Akteure Märchenelemente, um Botschaften zu verstärken. Begriffe wie "Goldene Zeiten" oder "der böse Wolf" schaffen emotionale Verbindungen und bleiben im Gedächtnis. Gleichzeitig laden moderne Interpretationen von Märchen dazu ein, über Machtstrukturen, Ungerechtigkeiten oder soziale Normen nachzudenken. In Bildung und Erziehung werden Märchen genutzt, um komplexe Themen wie Moral oder Gerechtigkeit auf einfache Weise zu vermitteln. Sie fördern Diskussionen und helfen, kritisches Denken zu entwickeln. So bleiben Märchen ein zeitloses Werkzeug, um gesellschaftliche Werte zu hinterfragen und die Kommunikation über relevante Themen zu stärken.

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