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KW 05/2024

Boris Palmer: Wie der umstrittene Grüne in seiner Stadt Tübingen während der Pandemie vermutlich vieles richtig gemacht hat

Das „P“ in Palmer steht für Publicity

Boris Palmer ist nun schon seit mehr als zehn Jahren der Oberbürgermeister der beschaulichen Universitätsstadt Tübingen. In Universitätsstädten, dazu noch in so kleinen wie Tübingen, mag die Dichte derer, die sich aktiv mit der Politik auseinandersetzen, höher sein. So traf Palmer 2018 auf einen Studenten, der sich ihm gegenüber abfällig äußerte. Der gebürtige Schwabe stellte ihn zur Rede. Der Streit eskalierte und Palmer machte Gebrauch seines Amtes. Er nahm die Personalien des Studenten und seiner unbeteiligten Begleiterin auf und leitete rechtliche Schritte ein. Das Verfahren wurde nicht zuletzt aufgrund der Unverhältnismäßigkeit kontrovers diskutiert. Aber nicht nur in seiner Stadt, auch bundesweit geriet Boris Palmer in die Kritik. Mehrfach wurden ihm schon Rassismus-Vorwürfe gemacht. 2019 kritisierte er zum Beispiel eine Werbeaktion der Deutschen Bahn, die eine bunte Gesellschaft darstellte: Palmer fragte danach, welche Gesellschaft die Bahn damit darstellen wolle. Kritik hagelte es im Anschluss sogar aus der eigenen Parteiführung. Die Zukunft des Grünen-Politikers steht also auf wackligen Beinen. Doch dann kam Corona. Könnte sein Handeln während der Pandemie seinen Namen wieder reinwaschen?

Fluch und Segen zugleich?

Als den „Tübinger Weg“ bezeichnet die Medienlandschaft Palmers Umgang mit dem Virus in seiner Stadt. Dieser Weg wurde vor allem für die ältere Bevölkerung angelegt. An Altenheimen wird mittlerweile wöchentlich getestet. FFP2-Masken wurden bereits im November an die Rentnerinnen und Rentner der Stadt verteilt. Senioren können zudem auf besondere Sammeltaxis zurückgreifen, um den ÖPNV zu vermeiden. Die Stadt rief ihre Bewohnerinnen und Bewohner dazu auf, bis 11 Uhr morgens die Zeit zum Einkaufen ihren älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu überlassen. Die Strategie machte sich bezahlt: Die Infektionszahlen blieben im Bundesvergleich gering. Da die Maßnahmen wie das Testen jedoch nicht verpflichtend waren, gab es auch in Tübingen mittlerweile Ausbrüche in Pflegeheimen. Dennoch gilt der „Tübinger Weg“ als ein Pfad, der einen verhältnismäßig sicher ans Ziel führt. Wie die Neue Züricher Zeitung schreibt, gab es seit dem Jahreswechsel lediglich 18 Neuinfektionen bei den über 75-Jährigen. Boris Palmer hat seinen eigenen Kopf. Auch wenn vergangene Aussagen zurecht kritisiert wurden, hat sein Eigensinn in Tübingen vermutlich Leben gerettet. Ob das seine Karriere als grüner Oberbürgermeister retten wird, bleibt abzuwarten.

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