PPR-NEWS
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KW 33/2024
Die Zukunft ist (nicht) offen oder: Warum die Angst vor ihr oft kaum zu überwinden ist – die Titel deutscher Massenmedien in diesem Sommer
Berichterstattung deutscher Massenmedien
Die deutschen (Print-) Medien haben es in Zeiten von Social Media besonders schwer. Laut dem Reuters News Report haben die Sozialen Medien schon 2016 sowohl die Printzeitungen als auch die Online-Nachrichtenmagazine als erste Informationsquelle abgelöst. 2018 stieg die Prozentzahl der Online-Dienste als Informationsquelle auf 65, während die Printzeitungen auf 37 Prozent abfielen. Um diesem Schicksal zu entgehen, setzen einige Massenmedien auf reißerische Überschriften und vermeintlich dramatische, packende Geschichten. Denn Missstände scheinen eher Aufmerksamkeit und Betroffenheit zu generieren als positive oder neutrale Entwicklungen. Gerne, auch im deutschen Pressebereich, wird ein Phänomen skandalisiert. »Es gibt eine Welle von Medienberichten, die den Eindruck vermitteln, dass es sich bei dem Missstand um ein bedeutendes Problem handelt«, beschreibt der Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger die Situation. Nicht selten wird hierbei eine Zukunftsvision zum Thema gemacht, denn das scheint die Menschen zu bewegen. So titelte Spiegel Online in der vergangenen Woche beispielsweise: »So sieht der Krieg der Zukunft aus«. Oder die Welt schrieb: »Die unmögliche Koalition – und die Angst vor der Unregierbarkeit«. Massen solcher Beiträge suggerieren beim Leser ein bestimmtes Bild der Zukunft. Ist diese uns also schon vorgeschrieben?
Wie Massenmedien Angst in uns schüren
Journalisten fungieren in ihrer Arbeit als sogenannte Gatekeeper, wie es der amerikanische Sozialpsychologie Kurt Lewin 1947 anriss und David Manning White auf den Journalismus übertrug. Medienmacher entscheiden, welche Informationen der Öffentlichkeit bereitgestellt werden und was ihr verborgen bleibt. Auch wenn in unserem digitalen Zeitalter beinahe alles im Internet recherchiert werden kann, sind diese Beiträge meist auch das Ergebnis einer vorausgegangenen Selektion anderer. Reißerische Überschriften begegnen uns also überall, nicht nur in den klassischen Massenmedien. Doch warum beeinflussen uns diese Schlagzeilen so stark? Wie der Journalist und Medienkritiker Walter Lippmann in den 1920er Jahren beschrieb, wirkt diese Konsonanz der Berichterstattung wie eine Bestätigung für den Leser. Wenn die Massenmedien also hauptsächlich Zukunftsängste propagieren, so fällt dies in Form der öffentlichen Meinung automatisch auf den Rezipienten zurück. Durch die Häufung solcher Schlagzeilen in jüngster Zeit tritt bei den Lesern das Gefühl auf, ein Skandal würde den nächsten jagen und unsere Zukunft sähe genau so aus. Doch ist das tatsächlich so? Schließlich liegt es zuletzt an uns, die vermeintliche Angst vor der Zukunft zu überwinden.