PPR-NEWS

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KW 03/2024

Wie die Lüge auch in der westlichen Führungskultur mehr und mehr Einzug hält – ohne, dass stets ein Rücktritt oder eine Sanktion folgen würde

Lügen in der Führungskultur: Häufung oder so wie immer?

Ein weiterer prominenter Skandal hält derzeit die deutsche Wirtschaft in Atem: Es sieht so aus, als hinge das Ansehen eines der größten deutschen Unternehmen von einer Person ab, die beschuldigt wird, Informationen zurückgehalten, andere in die Irre geführt und gelogen zu haben. Ähnliche Fälle scheinen sich in den letzten zwei Dekaden zu häufen: Spitzenpolitiker nehmen es mit der Wahrheitstreue beim Verfassen ihrer Dissertationen oder ihrer Lebensläufe nicht allzu genau. Ein Staatspräsident ist in Offshore-Aktivitäten in Panama verstrickt und ein Fußballfunktionär belügt die Finanzämter, obwohl er jahrelang genau das Gegenteil in den TV-Shows eingefordert hat. Die Zahl solcher Fälle scheint von Jahr zu Jahr zuzunehmen. Ebenso scheinen sich jedoch die schwerwiegenden Folgen für die Führungskräfte zu häufen, da die Fälle eben nicht mehr so oft unter den Teppich gekehrt werden können. Neue Kommunikations- und Recherchekanäle helfen einerseits dabei, Missstände aufzudecken, sodass Führungspersönlichkeiten nicht mehr davor gefeit sind, durch die Öffentlichkeit, ihre eigenen Systeme oder die Justiz in die Konsequenz genommen zu werden. Andererseits beeinflussen diese Kanäle, wie wir diese Vorfälle wahrnehmen und in Erinnerung behalten. Daher ist eine abschließende Beurteilung kaum möglich.

 

Wer alles sagen darf, wird nicht in die Pflicht genommen

Das ausgerufene und häufig gut begründete »Postfaktische Zeitalter« hat leider Fakten hinter sich, die dieses im Grunde sehr traurige Wort mit Bedeutung aufgeladen haben. Obwohl Verfehlungen, falsche Rede oder gar vorsätzliche Lügen stets Teil unserer Welt waren, scheinen heutzutage mehr und mehr Führungskräfte, die diese zu verantworten haben, ohne Folgen in ihren Ämtern, Mandaten und Positionen bleiben zu können. Eine hochkomplexe Welt arbeitet in der offenen Gesellschaft mit Gerüchten, Verdächtigungen und Behauptungen, wie man es vorher so nicht erlebt hat. Das Internet, die Vielfalt der Sender und Empfänger, ihre schiere Masse, haben dazu geführt, dass eine Aussage von Bedeutung, falsch oder richtig begründet, nicht stets und sofort die Antwort einer faktenorientierten und aufklärerisch motivierten Menge an Menschen nach sich zieht, die eine Sanktion dafür verlangen. Wenn populistische Bewegungen derart arbeiten und überleben, ist es das eine. Wenn diese Haltung in die Mitte der offenen Gesellschaft eindringt, was an manchen Stellen zu beobachten ist, dann haben Demokraten, die aufklärerisch agieren wollen, jedoch ein ernsthaftes Problem. Was ist also zu tun? Prüfe den, der spricht; prüfe das, was er sagt; oder vertraue denen, die prüfen, wer etwas sagt, und ob es stimmt, was er sagt. Ich lese gerne die FAZ, das Handelsblatt oder in Teilen weiterhin den Spiegel und die Süddeutsche. Diese Medien helfen durchaus schon mal weiter – und das Streben nach einer stets besseren, hohen Bildung, die uns hilft, Quellen beurteilen zu können und nicht dem Allgemeinen ausgeliefert zu sein.

 

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