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KW 17/2024

Warum das Satiremagazin »Titanic« erheitert und bildet: Portrait eines Mediums, das noch nie untergegangen ist

Der Erfolgskurs der »Titanic«

Es ist eine Kunst für sich: Die schmale Gradwanderung der Satire. Kaum ein anderes Magazin hat diese Wanderung so geschickt und gewitzt gemeistert wie das Satiremagazin »Titanic«. Und so hält es sich bereits seit mehr als 30 Jahren an der Spitze der beliebtesten Satiremagazine in Deutschland. »Die endgültige Teilung Deutschlands – das ist unser Auftrag« mit diesem Motto konterte das Magazin gegen das jahrzehntelange Leitbild der Bild-Zeitung, das lautete: »Die Einheit des Vaterlandes in Freiheit, das ist unser Auftrag«. Das war nur einer der Versuche, inhaltliche und rechtliche Grenzen von Satire auszuloten. Im Jahr 1988 lenkte der damalige Chefredakteur Bernd Fritz zum ersten Mal die bundesweite Aufmerksamkeit auf »Titanic«. Er nahm an der ZDF-Sendung »Wetten, dass..?« teil und behauptete die Farbe von Buntstiften an Hand des Geschmacks bestimmen zu können. Dabei konnte er unbemerkt unter seiner Augenabdeckung hindurch schauen. Noch in der Sendung klärte er die Zuschauer über den Betrug auf. Häufig sind die Grenzen von Verspottung und Übertreibung zur Beleidigung fließend. So ist es beim Betreiben von Satire besonders schwierig dafür zu sorgen, dass sich niemand persönlich angegriffen fühlt. Das ist dem Magazin »Titanic« nicht immer gut gelungen. So wurden von der Gründung bis zum Jahr 2007 35 Ausgaben verboten und 55 Gerichtsverfahren gegen das Magazin geführt. Und das zeigt, wie schwierig die hohe Kunst der Satire eigentlich ist. Wie soll man auf humorvolle Art Persönlichkeiten und Zustände kritisieren und verspotten, ohne dass sich jemand dabei persönlich angegriffen fühlt?

 

Wie der Satire der Humor verloren geht

»Die feinste Satire ist die, deren Spott mit so wenig Bosheit und so viel Überzeugung verbunden ist, dass er selbst diejenigen zum Lächeln nötigt, die er trifft.« – Das soll einmal der deutsche Aphoristiker und Physiker Georg Christoph Lichtenberg gesagt haben. Damit ist gemeint, dass Satire nicht einfach nur flacher Humor sein sollte. Es bedarf eines hohen Maßes an Hintergrundwissen, um einem Thema satirisch gerecht werden zu können. Nur so werden Türen geöffnet und auch die Persönlichkeiten, die in der Satire verspottet werden, können zum Umdenken bewegt werden. Außerdem ist ein hohes Maß an Selbstironie nötig. So beschrieben im Magazin »Titanic« in der Rubrik »Die sieben peinlichsten Persönlichkeiten« 1989 die Redakteure sich selbst. Zur Zeit bewegt sich die Satire allerdings in die entgegengesetzte Richtung – die Verflachung der Satire schreitet immer weiter voran. Seit Harald Schmidt weiß noch kaum einer mehr, wie man richtig Satire betreibt. Selbstironie und Hintergrundwissen scheinen Fremdwörter zu sein. Und auch das Prinzip »Nach oben meckern und nach unten schützen« geht immer weiter verloren. Stattdessen wird in alle Richtungen geschimpft und beleidigt, wie es gerade gefällt. Dabei sollte Satire doch Veränderungen bewirken und zum Nachdenken anregen und nicht nur bloß provozieren. Denn es ist keine Satire mehr, wenn der Einzelne lediglich seinen Ärger auf die Welt ungefiltert äußert. Dafür bedarf es mehr.

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