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KW 04/2024

Einer, der im Amt des US-Präsidenten Veränderungen schaffte: Wie Obama doch noch der geworden ist, weswegen wir ihn vor acht Jahren mochten

Der Präsident als Leviathan

Als Barack Hussein Obama II. am 20. Januar 2009 zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gekürt wurde, war dies für viele in Deutschland und Europa wie eine Erlösung. Acht Jahre George W. Bush hatten ihre Spuren hinterlassen in den transatlantischen Beziehungen ebenso wie im Amerikabild der Europäer. Nach Unilateralismus, christlicher Hardliner-Rhetorik und Antiterrorpolitik im texanischen Cowboy-Stil sollte nun die Zeitenwende folgen. Nicht nur ein Demokrat, sondern sogar der erste afro-amerikanische Präsident in der US-Geschichte – eine kleine Sensation. Die Erwartungen hangen dementsprechend hoch und – so muss man es wohl sehen – auch der Friedensnobelpreis Ende 2009 war eher Ausdruck von Erwartungshaltung und Vorschusslorbeeren. Dass man selbst einem US-Präsidenten zu viel aufbürden kann, darüber hat wohl niemand nachgedacht. Dementsprechend groß war die anschließende Enttäuschung: Guantanamo nicht geschlossen, der Drohnenkrieg ausgeweitet, die Überwachung durch die NSA ebenso. Das Bildnis des US-Präsidenten in Europa scheint dabei manchmal das eines quasi-absolutistischen Herrschers zu sein. Man fühlte sich erinnert an Thomas Hobbes‘ Konzept des Leviathans aus dem 17. Jahrhundert: ein allmächtiger, allgütiger Philosophen-Herrscher, der im Sinne des Guten »durchregiert«. Dass das politische System in den USA dies im Guten wie im Schlechten nun mal nicht zulässt, auch daran hat wohl keiner gedacht.

Ein amerikanischer Don Quichotte?

Das System der »Checks and Balances« ist komplex. Seit 2011 kämpfte Obama tagtäglich gegen einen republikanisch dominierten Kongress. Und dies bedeutet in der US-Demokratie langwierige Aushandlungsprozesse und schmerzhafte Zugeständnisse. Zudem bleibt es ein Fehler, die USA aus europäischer Perspektive vermessen zu wollen. Die Einführung der allgemeinen Krankenversicherung beispielsweise war für einige hierzulande so etwas wie ein verspäteter Schritt aus der Barbarei, in den USA blieb dieser Schritt jedoch bis zuletzt nicht konsensfähig. Und am Ende muss Obama schließlich die Erwartungen der Amerikaner erfüllen und nicht unsere. Doch eine gute Nachricht bleibt auch für alle Europäer: Entgegen vieler Wahrnehmungen hat Obama große Veränderungen geschaffen. »ObamaCare« ist nur eines – wenn vielleicht auch das größte – Beispiel. Vor allem hat Obama jedoch die politische Kultur verändert. Seine Kommunikation gegenüber Medien und Bürgern ist von positiver Offenheit und Authentizität geprägt. Wäre es sonst vorstellbar gewesen, dass ein US-Präsident vor laufender Kamera weint, ohne dass es ihm als Schwäche ausgelegt wird? Allein dies zeigt: Obama hat vieles bewirkt. Sicher nicht alles, was er sich gewünscht hätte, und ebenso sicher ist Obama auch kein Don Quichotte. Doch er hat in seiner Amtszeit gegen viele Windmühlen gekämpft. Und so können wir uns am Ende trösten: Wir hatten doch Recht, diesen Präsidenten zu mögen.

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