PPR-NEWS

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KW 35/2024

Was treibt Russland, China und die USA auf die Spitze und wie vermitteln uns deutsche Medien sowie die Politik den Konflikt, der vielen große Sorge bereitet? Eine neue Beobachtungsweise

Ein großes Thema, das noch kein Thema zu sein scheint – ein Fehler?

Seit Langem sind die Leitmedien und die Politik in Deutschland belegbar dem Thema „Neue Strategien in einer veränderten Welt“ ausgewichen. Geopolitik spielte hierzulande lange keine große Rolle. Hierbei handelt es sich um die Beschäftigung mit alten und neuen Mächten sowie der eigenen, neuen Positionierung in der Welt. Lange Zeit dachten viele, dass einige der großen Angstthemen für immer erledigt seien. Spätestens seit dem Kriegsbeginn Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 ist es offensichtlich anders gekommen. Manches im Inneren wurde danach gemeistert, so etwa die drohende Gasmangellage im letzten Winter. Nun tut sich aber ein neuer Großkonflikt auf. Der Partner USA, Russland unter Putin und China unter Jinping geraten aus „geopolitischen“ Gründen zunehmend beängstigend stark aneinander. Früher nannte man diese Art der Machtpolitik nüchtern „Einflusszonen“ erhalten oder schaffen. Das Thema „Dreierkonflikt“ trägt offenbar noch mehr, aber noch kaum beachtete Herausforderungen in sich. Der französische Präsident Macron fordert bereits länger eine auch gemeinsame Strategie mit Deutschland. Warum also gelingt die Erarbeitung eines solchen, neuen ausführlichen deutschen Konzeptes nicht? Ein Blick in das Leben des verstorbenen Bundeskanzlers Helmut Schmidt könnte vielleicht ganz praktisch bei der Beantwortung der Frage helfen.

Schmidt zeigt, wie Politik und Journalismus die Welt zu verstehen lernten

Helmut Schmidts Sachkenntnisse von Wirtschaft, Geschichte und Gesellschaften fanden nachweislich im In- und Ausland Anerkennung. Sein Werk „Eine Strategie für den Westen“ (1985) ist als großes Werk einer Aufbereitung geopolitischer Gedanken anzusehen. Es war unabhängig davon wertvoll, ob Leserinnen und Leser die Thesen als richtig oder falsch ansahen. Der Hamburger kümmerte sich öffentlich um Fragen der Sicherheitspolitik. Er forschte und beschrieb die Bedeutungen einer Nuklearstrategie, der Tatsachen des demografischen Wandels oder auch des Aufstiegs Chinas. Schmidt machte sich zeitlebens mit Hilfe von Gesprächen vor Ort und dem Lesen von Fachliteratur und Studien kundig – und konnte sich dafür Zeit nehmen. Heutige Amts- und Mandatstragende sowie Journalistinnen und Journalisten unterliegen dagegen fast stündlich den Anforderungen einer Präsenz im Internet. Es sei heute kaum mehr möglich, sich Zeit zum grundlegenden Studieren von wichtigen Themen zu nehmen, klagen Abgeordnete und andere. Wir Bürgerinnen und Bürger sollten ihnen daher diese Zeit stärker einräumen und von ihnen nicht zu rasche Antworten einfordern. So entstehen kluge Strategien im Interesse von uns allen in Ruhe und mit Bedachtsamkeit. Von Schmidt inspiriert zu sein, heißt heute erst einmal, sein Handy und seinen PC öfter auszuschalten. Schwierig genug.

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