PPR-NEWS

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KW 34/2024

Was ist nur mit den Öffentlich-Rechtlichen los? Zu viele Vorfälle zeigen, dass Bildung, Grundsätze und Neutralität nicht mehr vorhanden sind. Oder? Eine Analyse

Es geht um viel mehr als um wenige oder viele Fehler

Zu späte Berichterstattung über die Wagner-Gruppe in der ARD? Mehr Sendezeit für Klima-Kleber als für Macrons Energiepolitik, wie der „Focus“ behauptet? Berechtigte Kritik an der Gendersprache? Jan Böhmermann agitiert im ZDF? Es hagelt jetzt und in den letzten Jahren schwere Körner auf ARD und ZDF. Sie hinterlassen laut Umfragen Schäden an dem Vertrauen in die Öffentlichen-Rechtlichen. Sogar die Haltung, ARD und ZDF doch gleich abzuschaffen, erhält breite Aufmerksamkeit. Politiker, Journalisten und Medienexperten führen eine Debatte in der Öffentlichkeit. Zugleich entwickeln sich in den Sozialen Medien Kommentare, die bis zu offenem Hass und zu Verschwörungen reichen. Dabei sollte der Sinn des wirtschaftlich-politisch unabhängigen öffentlichen Rundfunks am Ende ganz anders sein: Er hat die Aufgabe, die Wirkung und Anerkennung der offenen Gesellschaft und des Grundgesetzes zu stärken. Auch in der Vergangenheit gab es bereits Aufreger um ARD um ZDF, beispielsweise als die Kabarettsendung „Scheibenwischer“ vom Bayerischen Rundfunk komplett abgeschaltet wurde. So ist der Streit um vieles tatsächlich nicht ganz neu. Oder liegen die Gründe tiefer – begründet in der heutigen Generation der Menschen, die in der Redaktion oder als Führungskräfte arbeiten?



ARD und ZDF haben Personal, das es wuppen müsste 



Die heutigen Führungskräfte im Journalismus sind in den Achtziger- und Neunzigerjahren geprägt worden. Sie haben – zum größeren Anteil als die Gleichaltrigen aus den ostdeutschen Bundesländern – die Entscheidungshoheit in der ARD und dem ZDF. Wer manche von ihnen seit Jahrzehnten kennt, weiß, wie besonders gebildet sie sind. Die Maßstäbe der Auswahl für ein Volontariat in den Öffentlich-Rechtlichen waren gemessen an anderen Berufseinstiegen sehr hoch. Darunter sollen keine Bürgerinnen und Bürger sein, die extreme Einstellungen haben. Sie kennen durchaus Tugenden wie Fleiß, Gewissenhaftigkeit und das alltägliche Bemühen, einen guten Job in einem turboschnellen Alltag zu machen. Wer aber die Essays altgedienter deutscher Journalisten im Ruhestand liest, erkennt etwas anderes: grundlegende Vorwürfe. Doch die ungestellte Frage hinter der Aktualität der Debatte steht wenig im Raum: Wie können ARD und ZDF „besser“ sein als der aktuelle Zustand der deutschen Gesellschaft? Der Streit um die Fehler-Kultur in der ARD und dem ZDF ist letztendlich das, was an jedem Ort Deutschlands zu beobachten ist. Es handelt sich um Angst vor der Gegenwart und die Angst vor der Zukunft von Generationen, die von ihren neuen Tatsachen nur eines sind: überfordert.

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