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KW 34/2024

Wieso wir keine deutschen Kriegsreporter wie Peter Scholl-Latour mehr haben: das Beispiel Kabul

Geschmiedet in Extremsituationen

Als berühmter Kriegsreporter hatte Peter Scholl-Latour ein außergewöhnliches Leben hinter sich. Aufgewachsen zur Zeit des Nationalsozialismus galt er aufgrund seiner jüdischen Mutter als Mischling ersten Grades. Nach der Befreiung Frankreichs 1944 wollte er sich freiwillig bei der französischen Armee melden, scheiterte aber an der Ausreise. Als er einen erneuten Fluchtversuch über Jugoslawien wagte, geriet er in Haft. Während seiner Gefangenschaft erkrankte er und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Nach seiner Genesung und der Kapitulation Deutschlands gelangt ihm schließlich als Fallschirmjäger der Einsatz unter französischer Flagge. Zwei Jahre später begann er zu studieren. Bereits während seines Studiums arbeitete Scholl-Latour als Reisejournalist für deutsche und französische Zeitungen und Rundfunkanstalten. In den 50er Jahren übernahm er die Rolle des Regierungssprechers im Saarland und wurde später Pressesprecher des Amtes für Europäische und Auswärtige Angelegenheiten. Während seiner Karriere war er für diverse Rundfunkanstalten und Medienhäuser tätig. Seine Arbeit führte ihn unter anderem in die Gefangenschaft der Vietcong, Krisengebiete in Afrika und in die Begleitung des Revolutionsführers Ayatollah Khomeini bei seiner Rückkehr in den Iran.

Wer berichtet aus Afghanistan?  

Durch seine Erfahrungen und ausgeprägten Kontakte galt Scholl-Latour als Experte für den Nahen Osten. Schon vor 20 Jahren prognostizierte er das Scheitern des Afghanistan-Einsatzes. Die Regierung habe keinen Rückhalt in der Bevölkerung und die Motivation der Armee stütze sich ausschließlich auf ihre Bezahlung. 2014 fand er vor dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags klare Worte und erklärte den Krieg für verloren. Nun, sieben Jahre nach seinem Tod, sollte er recht behalten. Was nun vor Ort passiert, erfahren die Menschen in Deutschland über internationale Medien oder das Internet. Vor-Ort-Berichte deutscher Medien bleiben aus. Jetzt noch in das Land zu kommen, ist kaum möglich, berichtet der Deutschlandfunk. Stattdessen versuchen Journalistinnen und Journalisten, über Kontakte in Afghanistan oder andere Medien an Material zu gelangen. Wie das Handelsblatt schreibt, seien Kriegsreporter oftmals freie Journalisten und zudem schlecht ausgebildet für die Arbeit in einer lebensgefährlichen Extremsituation. Scholl-Latour hat als Kind die Schrecken der NS-Zeit erlebt und genoss eine Ausbildung als Fallschirmjäger. Das machte ihn robust. Er kannte den Krieg und zeigte Deutschland durch seine Berichterstattung, warum es ihn zu vermeiden gilt.

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