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KW 47/2024

Alles ändert sich immer wieder: Wie Wurstfabrikanten Geschäfte ohne Wurst machen

Eine fleischlose Revolution

Die Fleischindustrie wollte es lange Zeit nicht wahrhaben: Der Wurstmarkt schwächelt seit Jahren, der Trend zum Vegetarier, Veganer oder Flexitarier – eine Esskultur, die Fleischkonsum zulässt, ihn aber stark reduziert – ist auf dem Vormarsch. Während in Deutschland jedes Jahr eine Wurstfabrik verschwindet, öffnet in Berlin der erste vegetarische Metzger. Das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) berichtet, dass 2015 mehr als 454 Millionen Euro mit Fleisch- und Michalternativen umgesetzt wurden, der Umsatz mit Fleischersatzprodukten ist laut Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde in den vergangenen vier Jahren um 88 Prozent gestiegen. Es überrascht nicht, dass fleischlose Schnitzel, Burger oder Würstchen sich mittlerweile in fast jedem Supermarkt finden lassen. Doch zunächst ging dieser Trend an der Fleischindustrie vorbei, Metzger wehrten sich gegen die fleischlosen Alternativen. Der erste Big Player der Fleischindustrie, der Fleischersatzprodukte im großen Stil auf den Markt brachte, war die Rügenwalder Mühle – und wurde für den Vorstoß von der Konkurrenz verspottet. Mittlerweile haben sie nachgezogen. Gutfried, Wiesenhof sowie Discounter wie Aldi bieten eigene Fleischalternativen an. 

Echte Alternative oder Rückschritt?

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fand heraus, dass 50 Prozent der Menschen in Deutschland ihren Fleischkonsum reduzieren wollen. Dass die Industrie auf diesen Wandel der Esskultur eingeht, sollte für die vegan-vegetarische Szene eine gute Nachricht sein. Während der Vegetarierbund (VEBU) die Fleischalternativen der Lebensmittelriesen wie Rügenwalder Mühle, Gutfried, Wiesenhof und Co. unterstützt, entsteht ein Streit mit rein veganen Firmen wie Topas, einem Pionier der veganen Produkte in Deutschland. Topas kritisiert vor allem, dass die genannten Hersteller die Verarbeitung von Tieren nicht reduzieren oder sich davon abwenden. Gesundheitsbewusste Vegetarier stören sich außerdem an den Inhaltsstoffen der Fleischersatzprodukte. Der Geschmack kommt vor allem aus dem Zusatz von Geschmacksverstärkern, durch Verdickungsmittel soll eine fleischähnliche Konsistenz hergestellt werden und Stiftung Warentest lies viele vegane Produkte durchfallen, da Rückstände von Mineralölen gefunden wurden. Wer sich vegan ernähren will und Fleisch einfach durch hoch verarbeitete Fleischersatzprodukte ersetzt, ernährt sich damit nicht unbedingt gesund, ausgewogen oder vollwertig. Diesen Umstand zu verdeutlichen und eine gesunde vegane Alternative anzubieten ist die kommunikative Aufgabe der vegan-vegetarischen Szene der nächsten Jahre.

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